Porträts malen – Überblick

Die Geheimnisse des Porträtierens einer Person lassen sich durchaus entschlüsseln, wenn man die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten und Hilfsmittel dazu kennt, die Sie im einzelnen schon gelernt und geübt haben. Jetzt geht es um den Gesamtentwurf. Wenn Sie mit Ihrem Porträt beginnen, ist es eine gute Orientierung, erst vom großen Umriss auszugehen, diesen zu entwerfen, und sich dann sukzessive den Feinheiten zu widmen.

Lesen Sie auch:

Gesicht malen
Nase malen
Haare malen
Augen malen
Mund malen

Porträt malen: Erster Entwurf

Stellen Sie sich vor, Sie wollten einen Scherenschnitt von einem Ei auf einem Zylinder machen, der etwas unregelmäßig geformt ist. So kann man nämlich Kopf und Hals einer Person betrachten. Die Unregelmäßigkeiten kommen dabei von dem Umriss der Haare und der Ohren, die unterschiedlich weit von Kopf abstehen können. Ziehen Sie mit Ihrem Bleistift einfach die Umrisse nach, die Sie sehen, wenn Sie die Details ignorieren.

Porträt zeichnen: Einfügen der Hilfslinien

Zeichen Sie in diesen Umriss Ihr Ei auf dem Zylinder ein. Wie Sie es schon aus den anderen Schritten kennen, fügen Sie nun Ihre Hilfslinien – senkrechte Mittellinie und waagerechte Unterteilungen – ein. Skizzieren Sie den Schulteransatz und den Umriss der Kleidung; falls sichtbar, auch Oberkörper und Arme. Treten Sie einige Schritte zurück, drehen Sie sich um und betrachten Sie Ihren Entwurf über die Schulter in einem Spiegel – dieser Blick verrät Ihnen sofort, ob Ihr Entwurf schief oder asymmetrisch geworden ist, da Sie durch die Seitenverkehrung eine ganz andere Perspektive haben.

Porträt malen: Anlage des Hintergrundes

Unabhängig davon, für welchen Hintergrund Sie sich entschieden haben (realistisch mit Details oder nur eine vage Farbfläche), jetzt sollten Sie ihn in den Grundzügen anlegen und vor allem schon mit einer Tönung versehen, da sich die Wirkung von Farben gegenseitig stark beeinflusst. Es ist sehr sinnvoll, Hintergrund und eigentliches Porträt immer parallel zu bearbeiten, damit Sie den Rückwirkungseffekt gut im Griff behalten.

Porträt malen: Ausarbeitung des Porträts

Gehen Sie wie zuvor beschrieben vor und erstellen Sie Ihr Porträt. Definieren Sie den Hintergrund dabei gleichfalls näher, aber achten Sie darauf, dass er nicht zu dominant wird.

Porträt zeichnen: Abschlussarbeiten

Treten Sie einige Schritte zurück und betrachten Sie Ihr Bild kritisch. Ist es ausgewogen und harmonisch? Steht das Gesicht im Mittelpunkt, müssen Sie ablenkende Details von Kleidung oder Hintergrund etwas abschwächen? Fehlen noch Schlaglichter, die Ihr Bild erst so richtig lebendig machen? Seien Sie kritisch, aber nicht überkritisch. Manchmal ist es gut, das Werk eine Zeit lang ruhen zu lassen, sonst läuft man Gefahr, es durch zu viele Änderungen zu verderben.

Wenn nötig, schützen Sie Ihr Bild mit einem passenden Firnis und suchen einen adäquaten Rahmen dafür aus – so werden Sie lange Freude daran haben!

Wie malt man einen Mund?

Auch ein nur kleines Verziehen der Mundwinkel oder Kräuseln der Lippen kann ausdrucksstärker sein als eine heftige Grimasse. Die Stellung der Mundwinkel gibt schnell Auskunft über das Temperament einer Person – fröhlich und lachbereit oder verbiestert; volle rote Lippen senden verführerische Signale aus. Schauen Sie Ihrem Modell auf den Mund, um seine Individualität zu erfassen.

Portaits zeichnen: Überblick
Gesicht malen
Nase malen
Haare malen
Augen malen

Mund zeichnen: Die Grundlinien

Die durchschnittliche Breite des Mundes entspricht ungefähr zwei Augenlängen; daher befinden sich die Mundwinkel in einer senkrechten Linie unter den Pupillen. Skizzieren Sie die Oberlippe mit vier Strichen, die den herzförmigen Einschnitt mit wiedergeben. Deuten Sie auch schon die Rinne an, die von der Oberlippe zur Nase läuft. Auch den Schwung der Unterlippe skizzieren Sie mit zwei oder drei Linien.

Mund zeichnen: Erste Gestaltung

Zeichnen Sie die Umrisse der Lippen etwas kräftiger nach und überprüfen Sie die genaue Ausprägung. Hat Ihr Modell eher schmale oder volle Lippen? Sind sie symmetrisch oder ist die eine Lippe deutlich größer als die andere? Ist der Mund ausgewogen oder etwas schief? Passen Sie Ihre Umrisse den Beobachtungen an. Legen Sie auch schon einige schattigere Bereiche und die leichte Kuhle unterhalb des Mundes durch schattieren oder tönen an. Tönen Sie die Lippen mit einer ersten Grundierung.

Mund malen: Formgebung und Plastizität

Zeichnen Sie die Mittellinie, wo die Lippen aufeinander treffen, etwas stärker und legen Sie auch hier die Schatten und hellen Bereiche an. Achten Sie besonders auf den Schatten, den die Unterlippe auf das Kinn wirft. Ebenso vertiefen Sie eventuell den Schatten, der von der Nase auf die Rinne vom Mund zur Nase fällt. Legen Sie auch schon die kleinen Fältchen an, die sich häufig auf der Unterlippe finden.

Mund zeichnen: Weitere Ausgestaltung

Verstärken Sie die Farben der Lippen und der Umgebung. Sind die Lippen kräftig durchblutet und haben eine intensive Farbe? Sind sie eher blass oder gar bläulich? Betonen Sie die Form und Richtung der Mundwinkel, legen Sie Lach- oder Schmollfältchen an. Gerade an der Oberlippe finden sich oft Kräuselfältchen, die Sie durch leichte Striche andeuten können.

Mund malen: Details einfügen

Ergänzen Sie die kleinen Schatten, die die Rinne vom Mund zur Nase wirft, und achten Sie dabei auf den Lichteinfall. Betonen Sie die Beschaffenheit der Haut der Lippen – sind sie feucht und glänzend, versehen Sie sie mit einigen Glanzlichtern. Bei spröden und rissigen Lippen deuten Sie diese Beschaffenheit durch matte Farbgebung und einen ungleichmäßigen Farbauftrag an. Dieser Mund wird Sie sicherlich bald verführerisch anlächeln!

Wie malt man Augen?

Nicht umsonst werden die Augen gerne als das Fenster zur Seele bezeichnet. Ein sprechender Blick kann mehr aussagen als ein langer Monolog. Schenken Sie daher den Augen der zu porträtierenden Person Ihre besondere Aufmerksamkeit, um den individuellen Blick bestmöglich einzufangen.

Portaits zeichnen: Überblick
Gesicht malen
Nase malen
Haare malen
Mund malen

Augen zeichnen: Die Grundlinien

Es ist hilfreich, sich immer zu vergegenwärtigen, dass unsere Augen große Kugeln sind, obwohl wir nur einen kleinen Teil davon sehen. Skizzieren Sie daher zuerst die Braue und die Umrisse der Augenhöhlen. Dann deuten Sie den Schwung des Oberlides an, der im inneren Augenwinkel steil ist und nach außen hin sanfter abfällt. Zeichnen Sie nun das leicht geschwungene Unterlid ein und deuten Sie die Iris durch einen Kreis an.

Augen malen: Erste Gestaltung

Verfeinern Sie die angedeuteten Konturen und versehen Sie sie mit weiteren Details. Wie viel ist vom Oberlid sichtbar? Hängt es ein wenig über das Auge? Wieweit verdeckt das Oberlid die Iris? Deuten Sie Falten und Fältchen an, die dem Auge seinen charakteristischen Ausdruck geben. Legen Sie erste Farbschichten auf. Studieren Sie die Nuancen Ihres Modells; das Weiße im Auge ist selten richtig weiß, sondern kann viele Schattierungen von Gelb bis Rot enthalten.

Augen zeichnen: Formgebung und Plastizität

Arbeiten Sie durch Schraffuren oder Tönungen die Wölbung der Braue und die Schatten im Augenwinkel aus. Tönen Sie auch die Teile der Lider, die entsprechend dem Lichteinfall beschattet werden, dunkler ein. Arbeiten Sie immer parallel an beiden Augen, damit Sie einen ausgewogenen Gesamteindruck behalten. Verfeinern Sie den inneren Augenwinkel und zeichnen Sie den Schwung der Wimpern mit ein.

Augen malen: Weitere Ausgestaltung

Intensivieren Sie die Farbgebung und verfeinern Sie die Darstellung der Iris. Wie groß sind die Pupillen? Welche Farbgebung hat die Iris? Sind die Farben blass oder kräftig, gibt es kleine Pünktchen oder Einsprengsel? Deuten Sie auch kleine Äderchen oder Verfärbungen im Weißen des Auges an, die den Ausdruck beeinflussen. Zeichnen Sie die Brauen deutlicher, deuten Sie mit Strichen die Wuchsrichtung und Dichte der Haare an.

Augen malen

Intensivieren Sie eventuell die beschatteten Bereiche. Achten Sie besonders auf den kleinen Schatten, den das Oberlid auf die Iris wirft und verstärken Sie ihn eventuell. Setzen Sie ein Glanzlicht auf die Pupille, das dem Auge seine Lebendigkeit verleiht. Auch im inneren Augenwinkel findet sich oft ein Glanzlicht. Stricheln Sie die Lidkanten noch einmal nach und fügen Sie die Tränenkanäle im Augenwinkel hinzu.

Ein lebendiges Augenpaar blickt Sie an, wenn Sie Ihre Beobachtungen am Modell sorgfältig umgesetzt haben – eine schöne Belohnung!

Wie malt man Haare?

Unser Haar und die Frisur tragen sehr stark zum Eindruck einer Person bei. Mausgrau und strähnig lang, eine gepflegte Lockenmähne oder ein rassiger Kurzhaarschnitt mit bunten Glanzlichtern – unsere Haare beeinflussen sehr stark, wie wir wahrgenommen werden.

Portaits zeichnen: Überblick
Gesicht malen
Nase malen
Augen malen
Mund malen

Haare malen: Die Grundlinien

Um sich der realistischen Darstellung der Haare zu nähern, ist es wichtig, zuerst einmal die Details zu vergessen und seine Aufmerksamkeit auf das große Ganze zu richten. Betrachten Sie die Haare als aus verschiedenen großen Formen und Flächen zusammengesetzt – Kreise, Ovale, Dreiecke, Ellipsen – und skizzieren Sie diese Umrisse. Wie voluminös ist die Haarpracht, wie tief fällt das Haar in die Stirn, gibt es Geheimratsecken? Manchmal nimmt man diese Formen besser wahr, wenn man die Augen leicht zusammenkneift und nicht mehr so scharf sieht; dadurch kann man die Details ignorieren und sich auf die groben Formen konzentrieren.

Haare zeichnen: Erste Gestaltung

Schraffieren oder grundieren Sie in der Haarfarbe großzügig die dunkleren Bereiche. Blicken Sie nach wie vor nur auf Hell und Dunkel, auf Flächen, und nicht auf einzelne Haare oder Strähnen. Schattieren Sie entsprechend der Lichtquelle einzelne Partien, beobachten Sie auch, wo das Haar einen Schatten wirft und dunkeln Sie diese Bereiche ab.

Haare malen: Formgebung und Plastizität

Auch Haare sind in ihrer Gesamtheit natürlich dreidimensional. Beginnen Sie, den Schwung der Strähnen mit weiteren Farb- oder Schraffurschichten nachzuarbeiten. Arbeiten Sie mit weichen Linien, die Sie zart auslaufen lassen, damit es keine harten Kanten oder ungewollte grafische Effekte gibt. Benutzen Sie unterschiedliche Farben, denn selbst einfarbiges und ungetöntes Haar schimmert im Licht in verschiedenen Farbnuancen.

Haare zeichnen: Weitere Ausgestaltung

Nun können Sie beginnen, den schon vorstrukturierten Flächen die individuelle Note zu geben. Suchen Sie nach Besonderheiten wie einem Wirbel, einer widerspenstigen Locke, einer kahlen Stelle mit einem Glanzlicht, einem abstehenden Haarbüschel. Deuten Sie in diesen Bereichen nun leicht gestrichelt oder mit dem Fächerpinsel einzelne Haare an. Ein Eindruck genügt, es ist kontraproduktiv, die Einzelhaare von der Wurzel bis zur Spitze genau zu malen.

Haare zeichnen: Details einfügen

Nun können Sie die einzelnen Bereiche noch mit Details versehen. Sind eventuell Strähnchen eingefärbt? Gibt es erste graue Haare? Achten Sie auch auf Einzelheiten wie den zarten Flaum an der Schläfe; diese Härchen sollten Sie ganz sanft andeuten. Versehen Sie den Endbereich der Haare mit etlichen leichten Strichen mit Stift oder Fächerpinsel, um einen kompakten Abschluss zu vermeiden. Setzen Sie noch ein paar Glanzlichter auf die hellsten Stellen, um die Haarpracht so richtig zum Schimmern zu bringen. Das war‘s!

Wie malt man eine Nase?

Ob niedliches Stupsnäschen, geschwungene Adlernase oder ein klassisch-römisches Profil, auch Nasen haben im Gesamtgefüge des Gesichtes eine oft anzutreffende Proportion. Wenn Sie diese zuerst festlegen und mit ein paar Hilfslinien skizzieren, wird Ihnen sicher die individuelle Ausarbeitung gut gelingen.

Portaits zeichnen: Überblick
Gesicht malen
Haare malen
Augen malen
Mund malen

Nase malen: Die Grundlinien

Greifen Sie zu Lineal und Bleistift und ziehen Sie zwei senkrechte Hilfslinien vom inneren Augenwinkel zum Nasenflügel – Nasenwurzel und Nasenspitze sind in etwa gleich breit. Skizzieren Sie mit einigen Diagonalen vom inneren Augenwinkel schräg auswärts zu den Brauen den Schwung der Nasenwurzel. Dann markieren Sie noch auf Ihren senkrechten Hilfslinien, wo ungefähr die Nasenflügel ansetzen.

Nase zeichnen: Erste Gestaltung

Über diese Hilfslinien legen Sie jetzt geschwungene Linien, die der tatsächlichen Nase der porträtierten Person näher kommen. Skizzieren Sie den Schwung der Nasenflügel, die Breite des Nasenrückens und die Länge der Nasenspitze. Zeichnen Sie die Nasenlöcher ein und gestalten Sie die Rundungen der Nasenwurzel zwischen den Brauen weiter aus. Hier treten die individuellen Unterschiede schon deutlich zu Tage; eine zarte, schmale Nase oder eine kräftige breite sollten sich jetzt schon gut erkennen lassen.

Nase malen: Formgebung und Plastizität

Wenn Sie mit Bleistift oder Kohle arbeiten, können Sie beginnen, die dunkleren Partien leicht zu schraffieren, um Dreidimensionalität zu erzeugen. Arbeiten Sie mit farbigen Materialien, so beginnen Sie mit einer hellen Grundierung, die Sie in den Schattenbereichen etwas dunkler abtönen. Berücksichtigen Sie dabei, aus welcher Richtung das Licht auf die Nase fällt, um die Schattierungen konsistent anzulegen.

Nase zeichnen: Weitere Ausgestaltung

Verstärken Sie sukzessive die Hell-Dunkel-Kontraste. Es ist am sinnvollsten, immer nur eine Nuance dunkler zu werden und in Schichten abzutönen. Arbeiten Sie immer gleichmäßig über den ganzen Bereich und nicht nur an einer Stelle. Beim Arbeiten mit Farbe benutzen Sie am besten nicht nur Schwarz oder Braun für die Schatten, sondern auch ein dunkles Blau, Violett oder Grün – Schatten sind viel farbiger, als man denkt, und das Porträt erhält so eine vibrierende Lebendigkeit.

Nase malen: Details einfügen

Sehen Sie sich nun Ihr Modell noch einmal genau an: Welche Besonderheiten hat die Nase? Vielleicht sprießen ein paar Haare aus den Nasenlöchern, ein Leberfleck sitzt auf der Seite, oder sie springt weit vor und wirft einen großen Schatten. Intensivieren Sie die Farben, geben Sie den schattigen Partien eine letzte Tönung und denken Sie daran, an den hellsten Stellen einige Schlaglichter zu platzieren.

Im Allgemeinen sollte es Ihnen gelungen sein, die individuelle Nase darzustellen – ob das Stupsnäschen, die Adlernase oder die klassische Variante.